«Zweifellos der grösste lebende Geigentechniker des Jazz. Von ihm kann man alles erwarten», schrieb Ulrich Olshausen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nach dem umjubelten Auftritt von Adam Bałdych beim Jazzfest Berlin 2011. Bałdychs Talent zeigte sich früh. In Polen wurde er als «Wunderkind» gefeiert. «Mit neun Jahren entschloss ich mich, eine Musikschule zu besuchen», erinnert er sich. Er war sich der Tradition seiner Heimat wohl bewusst: «Polen hat grosse Musiktradition, speziell beim Klavier und seit Henryk Wieniawski auch bei der Geige.» Zur Violine kam Bałdych erst mit elf und suchte sich bald grosse Vorbilder: «Ich war sehr von den berühmten osteuropäischen Komponisten beeinflusst, Rachmaninoff, Chopin und Tschaikowski.» Mit 16 begann schliesslich Bałdychs internationale Karriere. Er spielte in ganz Europa und Asien. Nachdem er sein Jazzstudium an der Musikhochschule Kattowitz mit Auszeichnung abgeschlossen hatte, bekam er ein Stipendium für das Berklee College of Music in Boston.
«Bridges» hiess das vorletzte Album des polnischen Geigers Adam Bałdych. In der Tat gehört der trotz seiner zahlreichen Auszeichnungen bis hin zum ECHO Jazz erst 31-Jährige zu den führenden Brückenbauern des europäischen Jazz: Polnische Volksmusik, Klassik und Jazz jeder Couleur finden bei ihm zusammen, gespielt mit einer technischen Bandbreite, bei der sich klassischer Strich mit wirbelnder Improvisation und wuchtiger Rock-Dynamik verbinden. Diese Brücken baut Bałdych seit 2014 mit dem norwegischen Helge-Lien-Trio. «Brothers» heisst Adam Bałdychs neues – obendrein dem Andenken seines verstorbenen Bruders gewidmete – Album, und es geht ihm und seinen Begleitern dementsprechend um mehr als um Virtuosität oder Unterhaltung: «Ich möchte, dass meine Musik in die Zeit, in der wir leben, eindringt und sie reflektiert; dass sie ihre Sorgen und Sehnsüchte aufnimmt.» Gefühlvoll und klar im Pianissimo, auf der anderen Seite bis zum Bersten kraftvoll und laut, eindringlich ruft der Geiger in seinem Spiel die gesamte Emotionspalette hervor.